Präsentation Projekt 6 – 2020-07-13

Die Vorstellung der laufenden Arbeiten im TP 6 eröffnete Anne Diblik mit einem Überblick zum Bearbeitungsstand der dem Projekt sowie ihrer Dissertation zugrundeliegenden Quellen, darunter Prozessakten lokaler sowie übergeordneter Gerichte zu Hexerei- und Unzuchtsdelikten, diesbezügliche Verordnungen, Korrespondenzen, publizistische Erzeugnisse und gelehrte (dämonologische) Traktate. Ein großer Teil des Materials wurde bereits in den vorangegangenen Projekten der Teilprojektleiterin erschlossen, was einen schnelleren analytischen Zugriff erlaubt. Die Transkription und Erschließung des Materials für die Dissertation von Anne Diblik (hauptsächlich bezogen auf die Manderscheider Grafschaften Blankenheim, Gerolstein, Kail sowie Neuerburg als Rest des Schleidener Anteils) schreitet zügig voran. Insgesamt bietet das vielschichtige Material einen multi-perspektivischen Zugang zu den Untersuchungsgegenständen.

Nach einer kurzen Einführung in die herrschaftlich stark zersplitterte Eifelregion und die dort während der frühen Neuzeit stattgefundenen epidemischen Hexenverfolgungen zeigte Rita Voltmer am sogenannten „Hexenmandat“ der gefürsteten Gräfin Margarethe von Arenberg (publiziert am 30. November 1593), wie historisches Material mit Hilfe des von der Forschungsgruppe entwickelten Resilienzmodells analysiert werden kann. Zeitlich schließt die Publikation des Mandats unmittelbar an die Hexenprozesse in der Grafschaft Arenberg (1592/93) und dem kurkölnischen Amt Nürburg (1591/92) an. Es kann als Reaktion auf als disruptiv wahrgenommene Ereignisse (z. B. Krankheiten bei Mensch und Vieh) gewertet werden, wobei auch die Hexenprozesse selbst dazu zählen. Die Deutung von Schadensfällen als Hexenwerk sowie dessen Interpretation als göttliche Strafe für sündhaftes Tun gab das dämonologische Traktat des Trierer Weihbischofs Peter Binsfelds (1589) vor. Ziel des Mandats war es, denjenigen Verhaltensweisen, welche den Pakt mit dem Teufel prädisponierten (Aberglauben im Sinne mangelnder Glaubensfestigkeit, Unzucht sowie andere Devianzen), entgegenzuwirken. Die Inszenierung der Herzogin als von Gott eingesetzter Herrscherin, deren Amtspflicht die Wahrung von Ordnung, Frieden und Wohlfahrt blieb, kann als Resilienzdisposition gewertet werden. Insgesamt zeigt das Hexenmandat (und die dahinterliegende Motivation) eine prozesshafte Bewältigung, Anpassung und Transformation bedrohlich wahrgenommener gesellschaftlicher und politischer Herausforderungen: So sollte die Verbesserung der religiösen und sozialen Dispositionen die (vermeintliche) Verführung der Menschen (insbesondere Frauen) durch den Teufel und damit letztlich deren Hinrichtungen verunmöglichen. Gleichzeitig strebte das Mandat eine Beseitigung der Nebenfolgen von Schadensfällen und Hexenverfolgungen (e.g. Unruhen in den Gemeinden) an. Die Anweisungen des Hexenmandats (z. B. Aufrufe zur Denunziation, Überwachung durch Pfarrer und Sendschöffen oder die Androhung weiterer Verfolgungen) können als Resilienzstrategie bezeichnet werden. Mit der Legitimation durch Binsfelds Dämonologie wurde auf die Resilienzressource „Expertenwissen“ zurückgegriffen. Insgesamt zeichnen sich nichtlineare Prozesse von Diskontinuität und Kontinuität ab: Die Propagierung der Hexengefahr unter Berufung auf Binsfeld dient einerseits der Eindämmung von Verfahren in Arenberg, während andererseits die gleiche Argumentation in den benachbarten Gebieten zur Fortsetzung der Verfahren beiträgt.

Kategorie